Popup-Radweg auf der Frankfurter Allee, Berlin. Foto: Konrad Krause / ADFC, CC BY-SA 2.0, Flickr

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Es ist nicht so, dass Heiner Monheim Autos prinzipiell meidet. Als junger Mann war er oft per Anhalter unterwegs, hockte mit seiner Gitarre am Straßenrand und schaute sehnsuchtsvoll auf herannahende Fahrzeuge, die ihn – vielleicht, hoffentlich – mitnehmen würden. Selbst hinterm Steuer zu sitzen, das gehörte hingegen nie zu seinen Sehnsüchten. Er setzte sich lieber aufs Fahrrad, wo er allerdings immer häufiger eine unangenehme Erfahrung machte; jedenfalls fühlte er sich von Autos allzu häufig von der Fahrbahn „verscheucht“. Monheim, mittlerweile im Rentenalter, ist nach wie vor meist anders unterwegs als die meisten anderen: ohne Auto – aber fast immer mit einem roten Falt-Rad.

Seine persönliche Autoabstinenz ist aber nicht das, was Monheim auszeichnet. Der Geograph und Soziologe, der für Kommunal-, Landes- und Bundesbehörden arbeitete und schließlich Professor an der Uni Trier wurde, entdeckte schon beizeiten, dass die vermeintlichen Segnungen der Motorisierung viele Straßennutzer zu Verlierern werden ließ: Fußgänger, Fahrradfahrer, Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel. Dazu Dorfbewohner, die ohne Auto abgehängt sind – und Kinder, die gefahrlos nicht auf Straßen spielen können. „Straßen für alle“: In seinem gleichnamigen Buch machte sich Monheim, auf mehr als 500 Seiten, schon vor 30 Jahren zum Anwalt der Unter-die-Räder-Gekommenen.

Monheim sorgt aber nicht nur für Erkenntnis, sondern auch für Multiplikatoren. Gemeinsam mit einer Handvoll Gleichgesinnter gründet er 1979 den Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC), 1986 folgt der Verkehrsclub Deutschland (VCD), der sich für umweltverträgliche Mobilität stark macht. Heute reist Monheim durchs Land, hält Vorträge und ermuntert seine Zuhörer, damit sich die Dinge zum Besseren wenden, bei den Politikern stets „auf der Matte“ zu stehen. Er spricht über das „entfesselte Raubtier Auto“. Und darüber, es zu zähmen.

Die „Fahrradbande“ ist eine Gruppe fahrradbegeisterter junger Berliner. Am 7. November 2015, einem trüben, aber recht warmen Herbsttag, treffen sich die Radenthusiasten in einem Neuköllner Wirtshaus. Der Kneipensaal platzt aus allen Nähten. Es geht um ein großes Thema. Berlin soll Fahrrad-Hauptstadt werden. Endlich.

Berlin setzt aufs Rad

Zwei Wochen später: Gemeinsam mit einem Vorstandsmitglied des Berliner ADFC übernimmt Heinrich Strössenreuther die Regie. Der Wirtschaftsinformatiker, der schon für Greenpeace tätig war und für die Bahn, ist ein umtriebiger Campaigner. Mit seiner Initiative Clevere Städte hat er bereits publikumswirksam Falschparker attackiert, Flächengerechtigkeit gefordert – und sich in der Szene einen Namen gemacht.

Nun wollen Strössenreuther & Co. dafür sorgen, dass Radwege zwei Meter breit sind, gefährliche Kreuzungen sicherer werden, in Berlin 200.000 Fahrradparkplätze entstehen. Wie könnte das besser gewährleistet werden als – durch ein Gesetz? In drei Monaten steht der erste Entwurf, in weniger als vier Wochen dokumentieren 105.425 Berliner mit ihrer Unterschrift, dass sie das Anliegen des Volksentscheid Fahrrad unterstützen.

Mitte 2018 beschließt das Berliner Abgeordnetenhaus das Mobilitätsgesetz. Zum ersten Mal hat ein Bundesland den Vorrang von öffentlichem Nahverkehr, Fuß- und Radverkehr festgeschrieben. „80 Prozent davon sind unser Gesetz“, behauptet Strössenreuther. Im Juni 2021 geht der Berliner Senat noch einen Schritt weiter: Ohne ein konkretes Jahr zu nennen, will er „mittelfristig“ innerhalb des S-Bahn-Rings eine Zero-Emission-Zone einrichten, „in der Diesel- und Benzinfahrzeuge grundsätzlich nicht mehr fahren dürfen“.

Zukunftsmusik. Bisher ist der messbare Erfolg überschaubar geblieben. Und dennoch, inspiriert vom Berliner Radentscheid bedrängen inzwischen bundesweit mehr als 40 Initiativen Kommunalpolitiker, Autofahrern Flächen zu nehmen, damit Fahrradfahren sicherer wird. Sogar das Bundesverkehrsministerium konnte der um sich greifenden Liebe zum Fahrrad nicht widerstehen: Es finanziert inzwischen sieben Radverkehrs-Professuren.

Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten

Ein einzelnes Auto richtet keinen Schaden an. Auch nicht 100 oder ein paar hunderttausend. 48 Millionen aber schon. So viele Pkw sind inzwischen hierzulande registriert.

Das Fernstraßennetz in Deutschland ist 6 Mal so lang, wie das Schienennetz.
Das Fernstraßennetz in Deutschland ist 6 Mal so lang, wie das Schienennetz
Heute ist das Schienennetz in Deutschland 38.400 km lang; 1994 waren es noch 44.600 km, 1914 64.000 km. Im Vergleich dazu gibt es 230.000 km Autobahnen, Bundes- und Kreisstraßen und 600.000 km sonstige Straßen. (Daten-Quelle: BMVI) (cc) 2.0 bachrauf.org

„Kein Deutscher“, verkündete 1966 der damals amtierende Bundesverkehrsminister, „soll mehr als 20 Kilometer von einer Autobahnauffahrt entfernt leben“. Damals gab es 3.371 Autobahnkilometer, heute sind es mehr als 13.000; das Schienennetz schrumpfte derweil. Das gesamte überörtliche Straßennetz ist 230.000 Kilometer lang, das reicht, um sechs Mal die Erde zu umrunden. Es reicht aber nicht, um den Verkehr fließen zu lassen. Im Gegenteil: Laut ADAC herrschte 2019 auf Deutschlands Straßen so viel Stau wie nie zuvor: 521.000 Stunden. 2020 halbierte sich zwar die Zahl der Staustunden – aber nur, weil die Corona-Pandemie das öffentliche Leben weitgehend lahmlegte.

Die Straßenplaner hätten es wissen müssen. Denn bereits 1962 entdeckte ein amerikanischer Ökonom, Anthony Downs, das „fundamentale Verkehrsstaugesetz“. Es lautet, frei übersetzt: Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten.

Wären alle Pkw gleichzeitig unterwegs, dann würde sich vermutlich kaum noch etwas bewegen auf Deutschlands Straßen. Tatsächlich fahren aber nie mehr als knapp zehn Prozent aller privaten Pkw gleichzeitig. Trotzdem sind 2020 jeden Tag mehr als sieben Menschen bei Verkehrsunfällen gestorben. Trotzdem will der vom Verkehr verursachte Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid (CO2) einfach nicht sinken. Und trotzdem sind viele Menschen selbst nachts gesundheitsschädlichem Lärm ausgesetzt. In Deutschland summieren sich die von der Allgemeinheit zu tragenden Folgekosten des Verkehrs auf 170 Milliarden Euro pro Jahr, 96 Prozent davon verursacht der Straßenverkehr. Die Ziffern hat die EU-Kommission berechnen lassen.

Bundesweiter Klimastreik im Juni 2019, hier in Aachen. Foto: Bluecloud9, CC BY-SA 2.0, Flickr

Was der ruhende Verkehr an Ungemach verursacht fehlt in der Bilanz. Tatsächlich stehen die meisten Autos, die gerade nicht bewegt werden, auf einem Privatgrundstück, da stören sie nicht groß. In den „Metropolen“ aber, in Hamburg oder Leipzig, Frankfurt oder München parkt fast jeder zweite im öffentlichen Straßenraum, der für andere Nutzungen dann nicht mehr zu gebrauchen ist. Die Pkw stehen da oft wochenlang herum. Und fast zum Nulltarif.

Weniger Blech, mehr Grün

Besonders eng ist es in München. Nirgendwo ist die Einwohnerdichte so hoch wie in der bayerischen Landeshauptstadt. Wer soll den knappen Platz beanspruchen dürfen: Autos – oder Menschen? Jedenfalls ist es nicht überraschend, dass ausgerechnet in München schon vor Langem das Ansinnen Gestalt annahm, Autos zu vertreiben und die Stadt grüner werden zu lassen.

1990, „Straßen für alle“, das Buch von Heiner Monheim, ist gerade erschienen, da tut sich eine Gruppe zusammen, die sich „München 2000 autofrei“ nennt. Bald stößt Jens Mühlhaus dazu, er hatte damals gerade Abitur gemacht – und er weiß, wer Heiner Monheim. „Die Stadt hat ein Platzproblem“, sagt Mühlhaus.

Die von Mühlhaus mitinitiierte Bewegung geht bald in einen Verein namens Green City auf. Eines seiner Ziele: die Begrünung Münchner Straßen – unter anderem mit Hilfe von Wanderbäumen.

Am Rande der Verkehrswende: Wanderbäume
Lokale Agenda 21 Wien: Wanderbäume. Foto: Daniel Auer, CC BY-SA 2.0, Flickr

Ein Wanderbaum ist keine eingeschleppte Spezies, sondern zum Beispiel ein Feldahorn oder eine Rosskastanie, montiert auf einem Rollwägelchen. 15 solcher mobiler Bäume bilden eine Wanderbaumallee; sie verwandelt einen tristen Straßenabschnitt für ein paar Wochen in eine grüne Oase, anschließend werden die Pflanzen zum nächsten Standort gezogen; manche der von Wanderbäumen besuchten Straßen wird anschließend mit sesshaften Bäumen bepflanzt. Effekt: Weniger Blech, mehr Grün. Das Münchner Beispiel hat Schule gemacht. Wanderbäume sind inzwischen auch in Stuttgart, Köln und Dortmund aufgetaucht.

München selbst, Deutschlands Stauhauptstadt, ist zwar noch immer nicht autofrei. Doch immerhin, die autofreie Innenstadt ist Thema im Stadtrat. Bereits beschlossen hat das Kommunalparlament, die Zahl der Kfz-Stellplätze an Schulen zu halbieren, zunächst im Rahmen einer Pilotphase: Um Kosten zu sparen, aber auch, um einen „Anreiz zur Nutzung anderer – öffentlicher und umweltverträglicherer – Verkehrsmittel“ zu schaffen, wie es in der Beschlussvorlage heißt.

Sogar Autobauer haben die „autogerechte Stadt“ abgeschrieben

Der größte Feind der lokalen Verkehrswende ist die Straßenverkehrsordnung. Sie soll dafür sorgen, dass der Verkehr fließt. Zwar lässt die StVO auch Beschränkungen zu, beispielsweise „in der Nähe von Krankenhäusern“; sie kennt auch Tempo-30- und Fahrrad-Zonen. Allerdings muss die Anordnung solcher Beschränkungen „zwingend erforderlich“ sein. Das ist eine hohe rechtliche Hürde. Selbst der Polizei gefällt das nicht. Die Gewerkschaft der Polizei macht sich, wie viele andere auch, für Tempo 30 als Regeltempo in geschlossenen Ortschaften stark. Bisher erfolglos.

Zwei Portaits: links Carlo Schmid, rechts Sebastian Marten.„Es geht darum, wie man das Alte, das gut funktioniert, in ein neues Zeitalter heben kann“

Interview mit den Entwicklern Carlo Schmid und Sebastian Marten
Von Tom Mustroph

Trotz widriger Paragraphen ist der Kampf um die Straßen in fast jeder Stadt entbrannt. Verkehrsflächen gerechter aufteilen, das fordert der Deutsche Städtetag. „Weniger Fläche“ für den motorisierten Verkehr, dafür machen sich inzwischen sogar Autobauer wie BMW und Volkswagen stark. Angesichts wachsender Platznot, diese Erkenntnis setzt sich auch in den Vorstandsetagen durch, hat ihr bisheriges Geschäftsmodell keine Zukunft; in den Städten ist jedenfalls einfach kein Platz mehr für immer mehr private Autos. Gemeinsam mit neun Großstädten haben die Autobauer inzwischen eine Initiative namens Plattform Urbane Mobilität ins Leben gerufen. In einem Thesenpapier der Plattform ist vom „einstigen Ideal der autogerechten Stadt“ die Rede. Wohlgemerkt, vom „einstigen“.

Ein „Bundesweites Netzwerk Wohnen und Mobilität“ organisiert derweil Dialoge zwischen Kommunen und Wohnungsunternehmen mit dem Ziel, Menschen Mobilitätsangebote ohne eigenes Auto zu verschaffen. Und die Stadtwerke Augsburg haben eine Mobilitäts-Flatrate geschaffen: ein Festpreis zur Nutzung von Bus, Bahn, Leihauto und Leihrad.

Auch auf dem Land, wo Mobilität ohne eigenes Auto bisher fast nicht stattfinden kann, ist der Begriff Verkehrswende längst kein Fremdwort mehr. In der Uckermark befördern Linienbusse neben Personen auch Güter; ein ähnliches Projekt nimmt im bayerischen Schwaben Gestalt an. RVM, das kommunale Verkehrsunternehmen im Münsterland, hat in Everswinkel und Sendenhorst Mobilstationen errichtet; auf diese Weise soll der Busverkehr komfortabel mit der Nutzung von E-Bikes oder Leihautos vernetzt werden. Der Landkreis Rhön-Grabfeld bietet Auszubildenden ein Azubi-Shuttle an, damit sie Ausbildungsorte erreichen, die der Bus nicht ansteuert. Und in Oberfranken verkehrt der Hofer Landbus, der bedarfsorientiert die Fahrtwünsche mehrere Menschen umweltschonend bündelt – neudeutsch heißt das: Ridepooling.

„Bahn braucht man genauso wie Internet“

Während das überörtliche Straßennetz ausreicht, die Erde sechs Mal zu umrunden, reicht das Schienennetz nicht mal für eine Umrundung. Anders als das Straßennetz wurde es im Laufe der Zeit auch nicht länger, sondern kürzer; allein seit 1994 ist es um rund 6.000 Kilometer geschrumpft. Manch einer, wie Gerd Weibelzahl, kämpft schon seit 17 Jahren für die Reaktivierung von ein paar Kilometern Bahnstrecke; inzwischen stehen Häuser auf der Trasse zwischen Coburg und der früheren innerdeutschen Grenze. Die parallele Autobahn A73 ist hingegen seit 2002 befahrbar. Aufgeben? Kommt für Gerd Weibelzahl nicht in Frage. Und seine Beharrlichkeit scheint sich zu lohnen: Im Juni 2021 veröffentlichte die Deutsche Bahn eine Liste von 20 Strecken, die für eine Reaktivierung in Frage kommen – mit dabei ist auch die Strecke bei Coburg, die so genannte Werrabahn. Es gibt noch keinen konkreten Plan für die Realisierung des Vorhabens, aber immerhin eine „Konzeptidee“.

Bayerisch Kanada, so heißt die Gegend, die der Schwarze Regen durchfließt. Klares Wasser, farbige Wälder, felsige Flussufer – und direkt daneben: Eine der schönsten Bahnstrecken Deutschlands, von Viechtach nach Teisnach und weiter nach Gotteszell. 25 Kilometer, seit 130 Jahren führen hier Gleise durch den Bayerischen Wald. Doch 1991 war Schluss mit dem regelmäßigen Betrieb. Lohnt nicht, hieß es.

Seitdem regt sich der Widerstand. Einer der Wortführer: Wolfgang Schlüter, promovierter Vermessungsingenieur, pensionierter Bundesbeamter. Er ist Vorsitzender eines Vereins namens „GO-VIT – Förderverein für nachhaltige Mobilität zwischen Gotteszell und Viechtach“. Seit fast zehn Jahren gibt es die Initiative. Für ihr Ansinnen wirbt sie mit Sätzen wie diesem: „Bahn braucht man genauso wie Internet.“

Man muss wissen, dass ohne Zuschuss aus dem jeweiligen Landeshaushalt in Deutschland kein Regionalzug fährt. GO-VIT gegen die bayerische Staatsregierung, Schlüter und sein Mitstreiter gegen wechselnde Landesverkehrsminister, so heißt deshalb bald die Gefechtslage. Wer in dem Ringen bestehen will, braucht Beharrlichkeit, Verbündete und politisches Gespür – sowie die Bereitschaft, sich auf Debatten einzulassen, die sehr schnell sehr speziell werden: Es geht dann um Fahrgastkilometer und um die CO2-Emissionen verschiedener Verkehrsmittel, darum, ob sich Kinderwagen und Fahrräder genauso gut in Bussen wie in Bahnen mitnehmen lassen, es geht um fehlende Toiletten in Bussen und um den Netzfaktor, der bei der Bahn zu Buche schlägt, weniger beim Bus. Immerhin, seit 2016, nach einem Bürgerentscheid, fahren die grün-gelben Triebwagen wieder zwischen Viechtach und Gotteszell, vorerst im Probebetrieb. Der ist nun noch einmal verlängert worden, ein Gutachten soll her; derweil wird an einem Runden Tisch über die Zukunft des Zuges verhandelt, „in freundlichem Klima“, wie Schlüter sagt.

Fundamental muss sie sein, die Verkehrswende

So stehen die Chancen gar nicht so schlecht, dass die Bahn schon bald wieder dauerhaft verkehrt, in Bayerisch Kanada. „Daran führt gar kein Weg vorbei, wenn man an die Zukunft denkt“, sagt Schlüter.

Und sie fährt wieder, zumindest mal im Probebetrieb: die Regionalbahn nach Viechtach. Foto: Roehrensee, CC BY-SA 4.0, wikimedia

Die Zukunft: In 25 Jahren soll der Verkehr klimaneutral sein. Rund 160 Millionen Tonnen CO2, die der Verkehr verursacht, müssen bis dahin verschwinden. Angesichts dieser Herausforderung sind die Erfolge der Verkehrswende von unten – nun ja: bescheiden. Fahrradfahren ist gesünder, leiser und platzsparender als Autofahren. Aber selbst, wenn für jeden zweiten Weg von bis zu fünf Kilometern nicht mehr das Auto, sondern das Fahrrad genutzt würde, würden die CO2-Emissionen des Personenverkehrs laut einer Studie des Umweltbundesamtes um nicht mehr als drei Prozent sinken. Das ist zu wenig und zu langsam. Auf der politischen Tagesordnung steht eine „fundamentale Transformation“, heißt es inzwischen selbst bei der EU-Kommission. Antriebe, die nicht mehr auf Erdöl basieren gehören dazu, sind aber nicht ausreichend.

Heiner Monheim hätte da noch ein paar weitere Ideen: Öffentliches Parken überall kostenpflichtig machen, abhängig von der Größe des Fahrzeugs. Auf allen Straßen Maut erheben, für jeden gefahrenen Kilometer. Das Bussystem ausbauen, bis ins letzte Dorf. 400 Bahnstrecken reaktivieren. Und: Ein Bundesmobilitätsgesetz schaffen. Es soll die Verkehrspolitik endlich auf Leitziele verpflichten: Mobilitätssicherung für alle, Klimaschutz, Stadt- und Raumverträglichkeit, Sicherheit.

Experten erarbeiten gerade einen konkreten Vorschlag, wie ein solches Gesetz aussehen könnte – unter der Regie des VCD. Das ist der Verein, den Monheim einst mitgegründet hat.

 Dieser Artikel ist zunächst in gekürzter Fassung im September 2021 im Magazin „Mehrwert“ erschienen.

Dr. Fritz Vorholz –
studierte in Köln Volkswirtschaft und Soziologie. Nach dem Studium arbeitete er für den Sachverständigenrat für Umweltfragen und von 1988 bis 2015 als Redakteur für die „Zeit“. Von 2016 bis Anfang 2020 leitete er die Strategische Kommunikation von Agora Verkehrswende. Seit Frühjahr 2020 arbeitet er wieder als Journalist, freiberuflich.